Was sind Glaubenssätze?

Was sind eigentlich genau Glaubenssätze? Wie beeinflussen sie unsere Wahrnehmung und unser Leben? Wie kann man sich ihrer bewusst werden? Warum kann das Lösen negativer Glaubenssätze zwar sehr viel Entlastung aber keine Heilung bringen?

21 Sep 2022

Was sind eigentlich Glaubenssätze?

Das Betrachten und Lösen von festgesetzten Emotionen und negativen Glaubenssätzen wird immer mehr gesellschaftlich anerkannt. Inzwischen gilt es auf zahlreichen Lifestyle-Seiten als Schlüssel zum Erfolg.Doch was genau sind Glaubenssätze eigentlich?

Vereinfacht gesagt sind Glaubenssätze manchmal bewusste, häufig aber unbewusste Sätze, mit denen wir uns die Welt und unser Leben erklären. Diese Glaubenssätze „sammeln“ wir seit wir auf die Welt gekommen sind. Es sind sozusagen Verknüpfungen, die wir irgendwann geschaffen haben, oder die wir von unseren Eltern/der Gesellschaft übernommen haben.

Beispiel:

Ein ganz einfaches Beispiel für diese Verknüpfungen ist z.B. das System von Lob und Strafe. Gerade in der Schule bekommen wir anhand von Noten gezeigt, ob wir gut oder schlecht sind (oder eher ob wir das leisten können was von uns erwartet wird). Durch das Feedback, was wir erhalten, erfahren wir zudem ob wir richtig oder falsch sind (konform oder nicht konform gehen).

Glaubenssätze, die dabei entstehen können, sind:

  • Ich darf nicht ich selbst sein, denn dann ich bestraft und ausgeschlossen.
  • Ich bin nicht gut genug, deswegen muss ich mich verstecken/unsichtbar werden, denn wenn jemand bemerkt, wie dumm ich bin, habe ich keinen Platz mehr in diesem Umfeld und werde ausgelacht und verstoßen.

Dies sind natürlich nur zwei Beispiele, denn jeder verknüpft das gelernte in unterschiedlicher Art und Weise, je nachdem was er ansonsten bereits gelernt hat. Da wären wir wieder beim Thema Datenautobahn. Der Weg den wir am häufigsten befahren, wird immer wieder gewählt und dadurch immer größer.

 

Welche Auswirkungen haben Glaubenssätze?

Glaubenssätze verändern unsere Realität.

Ich stelle mir das immer so vor, als würden wir alle mit unserer ganz persönlichen Käseglocke durch die Gegend gehen. Unsere Wahrnehmung von der Welt und unserem Umfeld wird durch diese Glocke um uns herum verfälscht und wir merken es nicht einmal richtig. Denn die Glocke ist gläsern und somit denken wir, wir sehen die Realität. Doch das Glas der Glocke verfälscht es immer.

Am besten merken wir das, wenn wir in einen Konflikt mit einem Gegenüber geraten und beide die gleiche Situation völlig unterschiedlich wahrnehmen. Denn jede Glocke ist unterschiedlich und damit auch die Realität die wir wahrnehmen.

Unsere Glaubenssätze haben also Einfluss auf unsere Beziehungen, unsere Handlungen, unser Selbstbild, unsere Weltsicht etc. Und meistens haben wir gar keine Ahnung davon, wie groß diese Auswirkungen sind.

Wie wird man sich seiner Glaubenssätze bewusst?

Zuallererst ist es wichtig zu wissen, dass man unbewusste Glaubenssätze hat und zum Zweiten dass es eine ganz schön große Menge an Glaubenssätzen ist. Denn Glaubenssätze sammeln wir unser Leben lang. Dazu bekommen wir noch eine Menge durch unsere Eltern und Vorfahren, sowohl epigenetisch als auch vorgelebt, und einen noch größeren Haufen durch unser Umfeld, unsere Kultur etc.

Ein Schritt, der dabei hilft sich blockierender Glaubenssätze bewusst zu werden, ist das Aufschreiben. Wenn Du also in deinem Leben, deinem Alltag, deiner Entwicklung oder wo auch immer eine Blockade wahrnimmst, kann es helfen einfach einmal aufzuschreiben, was du selbst zu der Sache denkst – vor allem die unangenehmen Sachen.

Wenn Du dich z.B. wunderst, warum Du auf der Arbeit nicht für dich einstehen kannst, lohnt es sich darüber nachzudenken, was Du denkst, was passieren könnte, wenn Du für dich einstehst und dabei dürfen diese Gedanken so vermeintlich dumm und kindlich sein, wie möglich. Denn aus dieser kindlichen Zeit stammen die Glaubenssätze ja.

Da wir im Bewusstwerdungsprozess allerdings selbst unsere Größte Blockade sein können, kann es ab und an notwendig sein, sich ein gegenüber zu suchen, dass bereits mehr Erfahrung mit Glaubenssätzen hat und weiß wie diese zu lösen sind. Dieses Gegenüber setzt uns sozusagen einen Spiegel vor und zeigt uns wo wir nicht hingucken wollen und warum. 

Tipp:

Glaubenssätze entstehen bereits in der Kindheit. Damit sind sie aus erwachsener Sicht gefühlt sehr überzogen und endgültig. Wenn Du beim Aufschreiben also an Sätze kommst, bei denen Du denkst: „Okay, dass ist jetzt wirklich übertrieben/weit weg von der Wirklichkeit“, bist Du sehr wahrscheinlich genau an der richtigen Stelle. 

Denn denke immer daran, dass Kinder in vollständiger Abhängigkeit sind und das zumeist von einem sehr instabilen Umfeld. Alles was die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse gefährtet (also z.B. die Versorgung physisch und emotional) ist lebensgefährlich, denn Kinder sind nicht in der Lage dazu sich selbst diese Bedürfnisse zu erfüllen. 

Warum ist das Lösen von Glaubenssätzen eine Entlastung und keine Heilung?

Glaubenssätze entstehen nicht aus dem Nichts, sondern haben immer eine tieferliegende Ursache – sozusagen der Startpunkt unserer Datenautobahn. Und um diesen immer wieder befahrenen Weg wirklich loszuwerden, muss man genau dort hingehen und den Anfang bereinigen. Dies geht meiner Ansicht nach nur durch einen ausgebildeten Therapeuten und eine spezielle entwicklungsorientierte Traumatherapie.

Aber warum sollte man dann überhaupt Glaubenssätze lösen? Das liegt vor allem daran, dass Heilung Zeit und Raum benötigt. Wir haben aber gleichzeitig noch einen Alltag und ein Leben das weitergeführt werden muss und begegnen Tag täglich Situationen, die fröhlich weiter unsere Datenautobahnen befahren.

Sich der negativen Glaubenssätze bewusst zu werden, kann einmal dabei helfen, Abstand zu diesen Situationen zu gewinnen und auch wenn man getriggert ist, diese Glaubenssätze nicht wieder vollständig zur eigenen Identität werden zu lassen. Und zum anderen lässt sich durch das Abschöpfen eingespeicherter Emotionen und Glaubenssätze Raum schaffen und diesen Raum und diese Entlastung von unseren Gedankenschleifen kann Stress reduzieren und dabei helfen aus dem reagieren ins agieren zu kommen. Denn letzteres geht nur durch Ruhe und einen klaren Blick. 

Du siehst also, dass die Auseinandersetzung mit deinen Glaubenssätzen ein wichtiger Schritt im eigenen Bewusstwerdungsprozess ist und dass es zudem dabei helfen kann, Stress zu reduzieren und Raum für Regeneration zu schaffen. Insbesondere mit einem Gegenüber können dabei Themen bewusst werden, von denen man vorher dachte, man hätte sie gar nicht. Das alleinige Lösen von Glaubenssätzen wird allerdings nicht zur Heilung führen.